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Bei Uhren gibt es verschiedene Formen von Leuchtmittel, die dafür Sorgen, dass die Uhrzeit oder weitere Informationen auch bei Dunkelheit abgelesen werden können. Für Fliegeruhren, Taucheruhren und Militäruhren war dies in der Geschichte der Uhr stets wichtig, während der Einsatz von Leuchtmasse bei eleganten Dress Watches eher die Ausnahme denn die Regel darstellte. Neben dem heute praktisch ausschließlich verwendeten Superluminova wurden früher auch die radioaktiven Leuchtmittel Tritium und Radium verwendet.

Im Folgenden werden die wichtigsten Uhren-Leuchtmittel historisch beleuchtet und eingeordnet.

Radium

Als Marie Curie 1902 das Radium entdeckte, dauerte es nur kurze Zeit, bis Radium als selbstleuchtender Stoff im großen Stil für Uhren und Zifferblätter eingesetzt wurde. Der radioaktive Stoff ist selbstleuchtend und garantiert sowohl bei absoluter Dunkelheit, als auch in der Dämmerung eine gute Ablesbarkeit der Uhr und der Zeit.

Mit einer Halbwertszeit von etwa 1.622 Jahren strahlen Radium-Zifferblätter heute praktisch noch genau so, wie vor 100 Jahren. Das bedeutet: Die Hälfte des radioaktiven Isotops ist erst nach 1.622 Jahren zerfallen. Uhren mit größeren Mengen Radium Leuchtmittel auf dem Zifferblatt sollten heute vorsichtshalber in speziellen Bleikästen aufbewahrt werden.

Das Radium wurde in den USA in Fabriken von jungen Frauen auf die Zifferblätter gemalt. Diese nutzten ihre Lippen, um die Pinsel anzuspitzen und kamen infolge dessen in direkten Kontakt mit dem hochradioaktiven Stoff. Zahlreiche dieser später als „Radium Girls“ bekannten Frauen erkrankten an Krebs, was zu höheren Arbeitsschutzstandards in den USA und der Suche nach einem alternativen Leuchtmittel für Uhren führte. Der Grund, warum Radium für den Körper und insbesondere für die Knochen so gefährlich ist, ist die Art und Weise, wie der Körper Radium verarbeitet.

Radiumhaltige Leuchtmittel für Uhren waren und sind extrem gesundheitsschädlich

Radiumhaltige Leuchtmittel für Uhren waren und sind extrem gesundheitsschädlich

Der Organismus hält die radioaktiven Isotope für Kalzium und lagert sie daraufhin in der Knochenstruktur des Körpers ab. Hier strahlen die Isotope weiter und zerstören Gewebe und Knochen. Ein häufiges Symptom einer Radiumvergiftung, das auch bei einigen der „Radium Girls“ festgestellt werden konnte, waren poröse Knochen, die bei leichtesten Berührungen zerbrachen. Berichten zufolge soll eine der Fabrikarbeiterinnen, die das Leuchtmittel „Undark“ auf Zifferblätter aufgetragen hatte, ihren kompletten Unterkiefer verloren haben, als ein Zahnarzt diesen nur leicht berührt habe.

Dass Radium extreme gesundheitliche Risiken mit sich brachte, war zum damaligen Zeitpunkt noch völlig unbekannt – eher das Gegenteil war der Fall. Radium wurde als gesundheitsfördernd gesehen und aggressiv vermarktet, insbesondere das radiumhaltige Trinkwasser „Radithor“. Frauen nutzten radiumhaltige Nagellacke und Zahnpasta, um im Dunklen das grüne Leuchten hervorzurufen. Bis heute ist nicht geklärt, wie viele Krebs- und Todesfälle endgültig auf das Konto dieser radioaktiven Produkte gehen.

Ein großflächiges Umdenken in der Zivilbevölkerung, wie auch in der Medizin, setzte erst nach dem Tod des Geschäftsmanns und Leistungssportlers „Eben Byers“ 1932 ein. Dieser nahm innerhalb von nur drei Jahren über radiumhaltige Schmerzmittel das Dreifache der tödlichen Dosis an Radium ein, woraufhin er 1932 qualvoll starb. Zu diesem Zeitpunkt hatte er auf Grund der Gehirnschäden durch das Radium bereits Persönlichkeitsveränderungen erlitten, sowie den größten Teil seines Unterkiefers verloren.

Tritium

Mitte bis Ende der 1950er Jahre wurde das schwach radioaktive Isotop Tritium für die Nutzung als Leuchtmittel für Uhren entdeckt. Der größte Vorteil von Tritium ist die geringe Strahlung und Halbwertszeit. Mit nur 12,3 Jahren Halbwertszeit verfärben sich diese Leuchtmittel über die Jahre hinweg und geben der Uhr eine persönliche Patina.

Die Strahlung von Tritium auf einem Zifferblatt ist äußerst gering. Bereits das Uhrenglas und das Gehäuse schützen den Uhrenträger vollständig vor der Strahlung. Dennoch sollte man eine Uhr mit Tritium Leuchtmittel nicht ohne eine professionelle Absaug- und Schutzausrüstung öffnen. Im Idealfall übergibt man die Uhr daher an seinen Uhrmacher, der die nötige Ausrüstung besitzt.

Uhren, die mit Tritium Leuchtmittel auf dem Zifferblatt ausgestattet sind, erkennt man regelmäßig an einem Zusatz neben dem Produktionsort auf dem Zifferblatt. Eine der beliebtesten Darstellungen sind zwei „T“s vor und nach dem „Swiss Made“ Schriftzug unten auf dem Zifferblatt.

Vintage Rolex Submariner mit Tritium Leuchtmittel (erkennbar am "Swiss T < 25" Schriftzug)

Vintage Rolex Submariner mit Tritium Leuchtmittel (erkennbar am „Swiss T < 25“ Schriftzug)

Zum Teil wird angeführt, die italienische Marke Panerai habe Tritium als Leuchtmittel erfunden und in den Luminor-Modellen der Marke etabliert. Als Beleg hierfür dienen angeblich Patentdokumente von Panerai, die Luminor als innovatives Leuchtmittel anmeldeten. Tatsächlich handelt es sich beim ursprünglich als „Luminor“ patentierten Begriff nicht um ein Leuchtmittel, sondern um einen reinen Phantasiebegriff, der als Markenbegriff geschützt werden sollte. Zwar wird dem Unternehmen Panerai am 11. Januar 1949 das Patent für „Luminor“ erteilt – aber nicht für Leuchtmittel oder andere Leuchtstoffe für Uhren. Um 1949 war es für die meisten Unternehmen überhaupt nicht möglich, irgendwie an Tritium für Leuchtmittel zu kommen.

Weder waren die Produktionskapazitäten dafür vorhanden, noch war das weltweit äußerst geringe Aufkommen an Tritium als Nebenprodukt aus Kernkraftwerken auch nur annähernd bezahlbar. Die ersten Schritte in das nukleare Zeitalter erfolgten in Italien in den Jahren 1961 mit dem ersten Teilchenbeschleuniger und 1964 mit dem ersten Kernkraftwerk. Vorher gab es eine nennenswerte Produktion von Tritium ausschließlich in den USA – und dort stand dieses nur für staatlich registrierte, streng kontrollierte Unternehmen zur Verfügung. An Leuchtmittel für Uhren war um 1949 noch nicht annähernd zu denken. Erst ab der zweiten Hälfte der 1950er Jahre kam Tritium auf und löste nach und nach das Radium in Leuchtmitteln für Uhren ab.

Rolex Explorer II Ref. 16570 mit Tritium Zifferblatt

Rolex Explorer II Ref. 16570 mit Tritium Zifferblatt

GTLS

Dieses Leuchtmittel fristet eher ein Nischendasein, da mittlerweile modernere Alternativen am Markt etabliert sind. Bei GTLS (auch Trigalight genannt) wird Zinksulfid mit gasförmigem Tritium in einem Glasröhrchen verschlossen. Die Energie, die das radioaktive Tritium auf das Zinksulfid strahlt, bringt dieses zum Leuchten. Dieses Leuchtmittel verliert seine Leuchtkraft erst nach etwa 20 Jahren.

Superluminova

Auch wenn die Strahlung von Tritium keine Gefahr mehr für den Träger darstellt, so gab es hier doch das Problem, dass bereits nach wenigen Jahren ein deutlicher Zerfall des Leuchtmittels einsetzt. Ein passiver Leuchtstoff, der Energie speichert und diese dann langfristig abgibt, wurde bereits in den 60er Jahren in Japan entwickelt. Dabei handelt es sich um Luminova, das heute den Standard der Uhrenindustrie darstellt – wenn auch als weiterentwickeltes Produkt, das in vielerlei Hinsicht gegenüber dem Ur-Produkt verändert wurde.

Heute ist Superluminova ein Swiss Made Produkt, das in der Uhrenindustrie große Verbreitung findet. Praktisch alle modernen Uhren sind mit Superluminova Leuchtmittel ausgestattet. Hierbei handelt es sich um einen Phosphoreszenzleuchtstoff auf Erdalkali-Aluminat-Basis. Die UV-Strahlung der Sonne regt die Partikel im Leuchtstoff an und diese werden dann anschließend über mehrere Stunden hinweg wieder abgegeben.

Moderne Rolex Submariner mit Superluminova Leuchtmittel (bei Rolex "Chromalight" genannt)

Moderne Rolex Submariner mit Superluminova Leuchtmittel (bei Rolex „Chromalight“ genannt)

Die Leuchtkristalle im Leuchtmittel geben die gespeicherte Energie dabei zuerst sehr stark wieder, nach einigen Stunden nur noch schwach. Bei Superluminova Leuchtmitteln tritt nach egal wie vielen Aufladungen keine Abnutzungserscheinung auf – ein großer Vorteil gegenüber radioaktiven Leuchtstoffen. Einige Uhrenmarken haben ihre eigenen „Rezepte“ für die konkrete Zusammensetzung des Leuchtmittels, so etwa Rolex oder Seiko. Auf diese Weise kann sowohl die Farbe des Leuchtens, als auch die Intensität und Dauer des Leuchtens variieren. Im Großen und Ganzen haben jedoch alle Leuchtmittel, die nach diesem Konzept arbeiten, zumindest eine sehr ähnliche Dauer und Intensität.

Auch Seiko hat eigene Leuchtmasse - auf Superluminova Ebene

Auch Seiko hat eigene Leuchtmasse – auf Superluminova Ebene

Die zeitliche Entwicklung im Überblick

Im Zeitstrahl lassen sich die einzelnen Leuchtmittel für Zeiger, Indizes und Zifferblätter nicht einwandfrei abgrenzen. Oftmals gab es Überscheidungen und auch heute noch werden Zifferblätter mit Tritium ausgestattet. Die folgende Auflistung zeigt daher näherungsweise die Zeitspannen, in denen das jeweilige Leuchtmittel für Uhren vorherrschend war. Dabei war der Übergang immer fließend und wurde keinesfalls in allen Ländern und von allen Herstellern schlagartig übernommen.

  • 1900 – 1950: Radium (hoch radioaktiv)
  • 1950 – 1980: Tritium (schwach radioaktiv)
  • 1970 – 1990: Tritium – Zinksulfid (schwach radioaktiv)
  • 1990 – heute: Superluminova (nicht radioaktiv)